Fragen Sie sich auch immer mal wieder, warum das mit Lean nix wird?

Fragen Sie sich auch immer mal wieder, warum das mit Lean nix wird?

Geht Ihnen auch so, Sie verstehen ganz genau was an den Prozessen in Ihrer Organisation so richtig schief läuft? Und haben Sie nicht schon ganz oft in zig Meetings mit „allen Kolleginnen und Kollegen“ darüber gesprochen? Sind es nicht auch immer wieder die gleichen Themen die Sie ansprechen, ob bei der Geschäftsführung oder bei den Mitarbeitenden, für die Sie möglicherweise verantwortlich sind und doch ändert sich nicht wirklich etwas? Und fragen Sie sich dann nicht auch, warum dass mit Lean – egal wie man bei Ihnen Geschäftsprozessorganisation in Ihrer Organisation nennt – nix wird?

#leanmagazin
am 12. 02. 2020 in LeanMagazin von Ralf Volkmer


Ich möchte Ihnen das Folgende empfehlen: Bleiben Sie ruhig, holen Sie ganz tief Luft, machen Sie sich locker und gehen Sie einmal um den Block! Warum? Sie sind nicht alleine und ich verspreche Ihnen, wenn Sie mit dem Gedanken spielen, den Arbeitgeber zu wechseln, Sie kommen vom „Regen in die Traufe“ – jedenfalls in den allermeisten Fällen.

Wissen Sie, ich liebe meinen Job, weil es immer etwas zu tun gibt, weil das, was hinter dem steckt, was Sie und ich als Lean, Kaizen, KVP, Geschäftsprozessorganisation, „Muschibubu“ oder „Ringelpietz mit Anfassen“ bezeichnen, nicht nur kompliziert, sondern ziemlich komplex ist.

Da gibt es zum Beispiel ein Inhaberehepaar, die sich lieben, also jeder liebt sich selbst so sehr, dass jeder von sich so derart überzeugt ist, dass sie nun fast wieder gottgleich zu sein scheinen. Die Führungsebene darunter – also die zweite Führungsebene – besteht lediglich aus Erfüllungsgehilfen, welche regelmäßig entweder in den Himmel gehoben oder – je nach Laune der Inhaber – zum Braten in die Hölle geworfen werden. Sie fragen sich jetzt ganz sicher, ob ich das frei erfunden habe? Nein, habe ich nicht, versprochen. Es gibt in diesem Unternehmen sogar Führungskräfte der zweiten Ebene, die noch nie auf dem Shopfloor waren und die Produkte des Unternehmens nur von Bildern in den unternehmenseigenen Hochglanzprospekten her kennen.

Ich kenne Organisationen, da wechselst der CEO regelmäßig alle ein bis zwei Jahre den COO aus. Warum der das macht, fragen Sie sich? Nun, das ist einfach! Entweder braucht es einen Schuldigen für das, was der CEO gerade mal wieder etwas verbockt hat und dadurch eine unglaubliche bzw. eine solche Dynamik erzeugt, dass es nur einen Schuldigen geben kann, der COO. Alternativ hierzu ist der „frisch eingestellte“ COO nicht angepasst und erlaubt sich tatsächlich, dem CEO zu widersprechen – das geht natürlich nicht!

In manchen Organisationen, die ich über die vielen Jahre kennengelernt habe, haben alle die Hosen voll, wenn das Top-Management in Urlaub geht, weil das gesamte System gelernt hat, wenn der „Alte“ aus dem Urlaub zurückkommt, „rollen Köpfe“.

Wieder andere Manager sind so technikverliebt, dass sie denken, man können jeden und ALLES im Computer abbilden, man bräuchte doch nur das – vom Chef – angeschaffte IT-System richtig anwenden, dann würde alles letztendlich auf Knopfdruck funktionieren.

Und natürlich gibt es solche Organisationen, die in noch mehr Maschinen investieren, noch mehr Menschen einstellen, diese allerdings nicht ordentlich bezahlen und sich dann wiederum wundern, warum die Fluktuationsrate durch die Decke geht.

Natürlich sind die von mir vorgenannten Beispiele frei erfunden und in Ihrer Organisation läuft das alles völlig anders. Doch stellen Sie sich bitte für einen kurzen Moment vor, eine Organisation wäre eine Fußballmannschaft. Natürlich können Sie sich jede andere Mannschaftssportart vorstellen, es muss aber eine Mannschaftssportart sein. Stellen Sie sich bitte vor, es ist das letzte Spiel, es geht um alles, man muss dieses Spiel gewinnen, sonst droht der Abstieg! Der Trainer an der Außenlinie ist mit der Mannschaftsleistung unzufrieden und 10 Minuten vor dem Ende wechselt sich der Trainer selbst ein. Was glauben Sie, was nun passiert? Richtig! Die gesamte Mannschaft achtet nun auf den Spielertrainer und passt sich einerseits den Forderungen dessen an oder verharrt in Starre, bis der Trainer die Laufwege bei eigenem Ballbesitz anzeigt. Sollte der Trainer nicht gottgleich – also eine Art Maradona – sein, geht das Spiel verloren! In Vorbereitung der neuen Saison dreht sich nun das Spielerkarussell: Die guten Spieler wechseln den Verein, die alternativlosen – über alle Führungsebenen unterhalb des Top-Managements – bleiben, passen sich dem System an und spielen das Spiel mit. Nein, nicht das eigentliche Spiel, sondern dass Spiel des Cheftrainers. Die Alternativlosen passen sich zwangsläufig an, übernehmen die Machtspiele des großen Meisters und verlieren an Glaubwürdigkeit, werden krank, reden ohne etwas zu sagen, sind absolut angepasst, machen sich lächerlich, werden nicht mehr ernstgenommen, sind nie erreichbar und ständig unter Volldampf.

Und nun? Keine Ahnung, ich kann Ihnen nicht wirklich eine Empfehlung geben. Was ich allerdings auch erlebe, sind Top-Manager, die Ihren Job ernst nehmen und nicht im, sondern am System arbeiten. Natürlich kann es auch in solchen Organisationen zu unangenehmen Schwingungen kommen, insbesondere wenn die gesamte Mannschaft historisch ein anderes Spielsystem verinnerlicht hat und ein neues Spielsystem erlernen muss.
Was ich Ihnen aber in jedem Fall sagen kann, jede Veränderung braucht Zeit, aber das wissen Sie ja selbst. Und NEIN, die Treppe von unten zu kehren geht nicht – oder doch, aber eben nur mit unverhältnismäßigem Aufwand. Glauben Sie nicht? Dann schauen Sie sich bitte das kurze (drei Minuten) Video an. Darin erklärt der ehemalige Co-Trainer der deutschen Handballnationalmannschaft und heutige Cheftrainer des HSC 2000 Coburg (2. Handballbundesliga), wie es geht. Hierbei handelt sich um einen Ausschnitt der 11. LeanTalkTV-Sendung mit dem Titel „Was Organisationen vom Leistungssport lernen können!“ Die gesamte Aufzeichnung finden Sie übrigens hier.



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